Eine häufig gestellte Frage ist: Welche ist die führende Spezifikation?
Diese Frage taucht zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Produktlebenszyklus auf und verursacht wiederholte Diskussionen und nicht zu unterschätzenden Zeitaufwand für eine Vielzahl von Personalfunktionen in einem GMP-System. Die Frage stellt sich insbesondere bei der Zusammenfassung bestimmter Phasen des Produktlebenszyklus in Form zusammenfassender Berichte oder beim Einsatz von Spezifikationen als Vorrausetzung für GMP-Prozesse wie u. a. Qualifizierung von Anlagen und Validierung von Prozessen. Klassische Beispiele sind zusammenfassende Listen von Spezifikationen aus der Entwicklung von Herstellungsprozessen, aus dem Transfer der Entwicklung in die Produktion oder aus der Produktion selbst, inklusive der zugehörigen Änderungshistorie.
Aber auch Listen wie Übersichten von Parametern und Spezifikationen im Rahmen von Herstellungsanmeldungen bei den zuständigen Behörden oder anderweitige Beschreibungen von Herstellungsprozessen, z. B. in Form von Flow Charts, liegen in der Regel zusätzlich vor.
Hintergrund der Frage nach der führenden Spezifikation ist die Unsicherheit bzw. fehlende Klarheit, welche Funktion und welchen Aktualisierungsstatus die jeweiligen Spezifikationslisten, für den Fall, dass sie zumindest teilweise gleiche Parameter beschreiben, besitzen.
Bei Prozessvalidierungen bzw. Revalidierungen sind zumindest die im Rahmen der Herstellungsprozessbeschreibung behördlich gemeldeten Spezifikationen bindend. D.h. die Validierung muss zeigen, dass der Prozess reproduzierbar und kontrolliert funktioniert und damit auch die zur „gemeldeten“ Prozesskontrolle gehörenden Spezifikationen erfüllt.
Führt der Hersteller, um die Sicherheit der Kontrolle zusätzlich zu erhöhen, intern für seine Prozessparameter engere Spezifikationen als die bei der Behörde gemeldeten Spezifikationen, so ist hinsichtlich der (Re)Validierung auf die Einhaltung der engeren Spezifikationen zu prüfen.
Die Komplexität der Frage nach der führenden Spezifikation erhöht sich weiter, wenn an unterschiedlichen Standorten der gleichen Firma das gleiche Produkt gefertigt wird und voneinander abweichende Spezifikationen existieren.
In solchen Fällen müssen ggf. „globale“ Entscheidungen dazu führen, den Grad der Einheitlichkeit bzw. der Harmonisierung der Spezifikationen festzulegen.
In jedem Fall helfen eine klare Funktionsbeschreibung und eine Visualisierung der Hierarchie und Abhängigkeiten der Spezifikationslisten inklusive der Einbindung dieser Beschreibungen in das GMP-System (Erstellung einer SOP), die richtige Spezifikation für die jeweilige Aufgabe zu wählen.