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Hygienekonzepte erfolgreich erstellen und anwenden

Die Herstellung von Arzneimitteln, Wirkstoffen, Kosmetika und Lebensmitteln muss unter hygienischen Bedingungen erfolgen. So weit, so klar. Um behördliche Anforderungen zu erfüllen, benötigen Sie ein detailliertes Hygienekonzept. Im folgenden Beitrag zeigen wir Ihnen, welche Faktoren Sie beachten sollten und geben Ihnen Praxisbeispiele zur Veranschaulichung.

Besondere Herausforderungen in Zusammenhang mit COVID-19

Derzeit erreichen uns viele Fragen zu Hygienekonzepten in Zusammenhang mit COVID-19:

  • Mitarbeiterschutz
  • Ausgleich personeller Engpässe
  • Aufrechterhaltung von Compliance
  • Zusätzliche Putzpläne
  • ...

Wir stellen derzeit eine FAQ-Liste mit den wichtigsten Antworten zusammen und stellen sie in Kürze auf unserem Blog zur Verfügung. Um keinen Beitrag mehr zu verpassen, melden Sie sich einfach zu unserem Newsletter an oder folgen uns auf LinkedIn.

Für Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. 

 

Einschlägige Richtlinien – wie zum Beispiel das EudraLex Volume 4, der 21 CFR 210/211, die PIC/s, die WHO GMPs sowie nationale Gesetzte – schreiben vor, dass die Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen unter hygienischen Bedingungen erfolgen muss. Die Vorgaben dazu sind vom Hersteller schriftlich festzulegen, zum Beispiel in Form eines detaillierten Hygienekonzeptes.

Das Hygienekonzept gewinnt in verschiedenen Bereichen an Relevanz 

Ein solches Hygienekonzept ist darüber hinaus ein wichtiger Bestandteil einer sogenannten Contamination Control Strategy (CSS) für Unternehmen. Diese ist in der neuen Version des Annex 1 beschrieben und wird mindestens für die Hersteller von sterilen und aseptischen Arzneiformen gefordert. Da der neue Annex 1 aber nicht mehr nur explizit von sterilen und aseptischen Herstellern angewendet werden sollte, ist abzusehen, dass sich dessen Vorgaben auch in anderen Bereichen etablieren – und das nicht nur in der Industrie: Für Apotheken zum Beispiel ist dieses Thema ebenfalls von Bedeutung, da gemäß Apothekenbetriebsverordnung §4a ein schriftlicher Hygieneplan verlangt wird.

Lückenhafte Einhaltung der hygienischen Vorgaben

Leider kommt es trotz Richtlinien nach wie vor zu Abweichungen in Unternehmen, wie unterschiedliche Beobachtungen, unter anderem der MHRA Inspection Deficiency Data Trend 2015 und 2016, zeigen. Woran genau liegt das? Der Grund für die lückenhafte Einhaltung von hygienischen Vorgaben ist zumeist, dass in Unternehmen noch kein einheitliches, umfassendes und klar kommuniziertes Hygienekonzept vorliegt. Die anschließende, tatsächliche Umsetzung dieser Vorschriften in die Praxis ist eine weitere Herausforderung. Deshalb finden dort häufig nur Teilaspekte der Hygienevorschriften Beachtung.

Wie sollte ein Hygienekonzept denn aber nun aussehen? Welche Fragen sollten sich Unternehmen diesbezüglich stellen? Und welche Faktoren gilt es, zu beachten? Die folgende Kurzanleitung fasst die wichtigsten Aspekte für die Erstellung eines Hygienekonzeptes zusammen.

In welcher Form halten wir das Hygienekonzept fest?

Nach der Erstellung eines Hygienekonzeptes sollten nicht nur einzelne, oberflächliche Regeln, sondern ein umfassendes Gesamtkonzept stehen – von der Raumreinigung bis zur Ungezieferkontrolle. Jedes Unternehmen ist individuell und somit ist auch das jeweilige Hygienekonzept immer unterschiedlich, abhängig von Gegebenheiten wie zum Beispiel Gebäude/Räumlichkeiten, Maschinerie, Abläufen etc.. Die Höhe des Aufwands für ein Hygienekonzept inklusive der jeweiligen Hygieneanweisungen, Hygieneprozesse und Hygienekontrollen richtet sich nach den jeweiligen zu berücksichtigenden Risiken. Im Fall einer Arzneimittelherstellung wären es diejenigen von der Hygiene beeinflussten Risiken, die vom Arzneimittel auf den Patienten ausgehen.

In jedem Fall sollte ein Hygienekonzept schriftlich festgehalten und den Mitarbeitern zugänglich sein. Dabei ist auf eine klare Sprache und verständliche Formulierungen zu achten.

Welche Faktoren spielen für unser Unternehmen eine Rolle und gehören deshalb ins Hygiene-konzept?

Jedes Unternehmen sollte Faktoren wie Personal, Geräte, Materialien, Umweltbedingungen, Räumlichkeiten, Prozesse und individuelle Produktanforderungen in ein Hygienekonzept aufnehmen. Hier ist zudem von besonderer Relevanz, die unterschiedlichen Faktoren zueinander in Beziehung zu setzen.

Was ist bezüglich der Materialien der Arbeitskleidung wichtig?

Welche Kleidung aus welchem Material muss in welchem Bereich zum Einsatz kommen? Welche Anforderungen muss das Material erfüllen? Muss es beispielsweise partikelfrei sein? Welche Auswirkungen hat das Material auf die Mitarbeiter? Bei bestimmten Schutzanzügen beispielsweise, in denen man schnell schwitzt, sollte man bedenken, dass die Raumtemperatur zu senken ist, um eine übermäßige Schweißproduktion der Mitarbeiter zu vermeiden. Dies muss unter Berücksichtigung der jeweiligen Produktionsbedingungen erfolgen. Besondere Vorsicht gilt auch bei der Nutzung von Handschuhen: Sind die Handschuhe hinsichtlich der vorgesehenen Produktionsprozesse inklusive ggf. durchzuführender Desinfektionen der Handschuhe geeignet? Wie oft sind die Handschuhe zu wechseln? Sind Hygienekontrollen der Handschuhe vor dem Wechsel notwendig? Erfolgt das auch tatsächlich in vorgeschriebener Weise? Und wie kontrolliert man das?

Was müssen wir in Bezug auf das Personal beachten?

Bezüglich der Personalhygiene gilt u.a. die Frage, welche Kleidung in welchen Räumen für die Mitarbeiter notwendig ist. Steht diese Kleidung für jeden Mitarbeiter in der Umkleide zur Verfügung? Wissen unsere Mitarbeiter, wann sie diese Kleidung tragen müssen? Hierzu zählen beispielsweise Handschuhe, Schuhe, Reinraumunterwäsche, Hauben, Masken oder auch Schutzbrillen. Wissen die Mitarbeiter, wie sie die Kleidung richtig anlegen? Sind sie darin geschult? Ist nach dem Anlegen der Bekleidung eine Prüfung durch den Mitarbeiter hinsichtlich korrekter Bekleidung vorgeschrieben und umgesetzt? Wie ist das richtige Verhalten bei Unfällen bzw. Störfällen?

Besonderer Beachtung gilt die Schulung der Mitarbeiter hinsichtlich der Gefahren, die im Zusammenhang mit fehlender oder unzureichender Hygiene für das hergestellte Produkt und damit für den Anwender bzw. Patienten, aber ggf. auch für den Produktionsmitarbeiter selbst, auftreten können (siehe unten, Schulungen und Trainings). Bei der Herstellung von Sterilprodukten können bereits vermeintlich geringfügige Abweichungen der Mitarbeiter von Hygienestandards oder -vorschriften zu unbrauchbaren Produkten und höchster Patientengefährdung führen. Der mit der Hygiene verbundenen Risiken müssen sich die Mitarbeiter immer bewusst sein und es gilt daher, ein solches Hygienebewusstsein aufzubauen.

Welche Vorschriften gelten bezüglich der zum Einsatz kommenden Produktionsausrüstung und der Reinigungsmittel?

Wie und wo erfolgt die Reinigung der Produktionsausrüstung? Welche Reinigungsmittel werden genutzt und braucht es zusätzlich noch Desinfektions- und Dekontaminationsmaßnahmen? Ist ein alternierender Wechsel zwischen unterschiedlichen Reinigungs-/Desinfektionsmitteln notwendig um Resistenzen vorzubeugen und um das komplette auftretende Keimspektrum zu erfassen, oder kann durchgehend mit einem einzigen Reinigungs-/Desinfektionsmittel gereinigt und desinfiziert werden? Wie oft erfolgt die Reinigung und wie lange kann ich die Ausrüstung im gereinigten Zustand stehen lassen – und vor allem wo? Wie werden die für die Reinigung verwendeten Hilfsmittel gesäubert? Geht das überhaupt? Was ist zu beachten, wenn man keine Einmalartikel verwenden will?

Welche Umweltbedingungen spielen für uns eine Rolle?

Welchen Einfluss können Außentemperatur und Feuchtigkeit auf die Räumlichkeiten haben? Welche Art der Klimatisierung braucht es in bestimmten Bereichen, wenn es im Sommer zum Beispiel richtig warm wird?

Welche Maßnahmen erfordern unsere Räumlichkeiten?

Welche Arbeitstemperaturen braucht es und wie muss die Be- und Entlüftung je nach durchgeführter Tätigkeit aussehen (Waschbereiche zum Beispiel brauchen ein anderes Lüftungskonzept als Bereiche zur Produktion)? Wie stark ist der Raum frequentiert? Wie erfolgt die Abfallentsorgung?

Welche Prozesse müssen wir in das Hygienekonzept integrieren?

In jedem Fall gehören Reinigungsprozesse zu dieser Kategorie: Welches ist das entsprechende Reinigungsverfahren? Ein Eimerverfahren oder ein Zwei-Eimer-Verfahren? Welche Methode zur Reinigung von Wänden, Decken, Fußböden ist die richtige? Wann muss ich was in welchen Frequenzen säubern? In welcher Kalenderwoche muss was erfolgen? Wie und mit welchen Mitteln? Dies ist nicht willkürlich, sondern gilt es, genau festzuhalten. Die entsprechenden Reinigungspläne sollten in den einzelnen Räumlichkeiten ausliegen – sowie eine Möglichkeit, die getätigten Reinigungsprozesse zu dokumentieren. Was ist außerdem im Notfall zu tun? Wie bekomme ich Räume nach einem Störfall wieder in einen kontrollierten Zustand? Und was bedeutet das für die Mitarbeiter?

Gibt es spezielle Hygieneanforderungen bezüglich des Produkts/der Produkte, die wir herstellen?

Je nach Art und Anwendung des Produktes ändern sich auch die Anforderungen an die Hygiene. Zum Beispiel divergieren die Anforderungen, wenn es sich um ein steriles Produkt oder um ein nicht steriles Produkt handelt.

Schulungen und Trainings

Damit das ausgearbeitete Hygienekonzept am Ende auch lückenlos und von allen Mitarbeitern umgesetzt wird, bedarf es regelmäßiger Schulungen und Trainings. Nur so wird das Personal für die Wichtigkeit des Hygienekonzeptes und der darin enthaltenen Maßnahmen sensibilisiert und weiß stets über Neuerungen Bescheid.

Inwiefern kontrollieren wir, ob alle Hygienevorschriften eingehalten werden?

Steht fest, wer welche Maßnahmen kontrolliert? Wie oft muss diese Kontrolle erfolgen? Steht unseren Mitarbeitern eine Plattform zur Verfügung, um die Umsetzung der Maßnahmen festzuhalten, wie zum Beispiel ausgehängte Pläne zur Dokumentation?

Steht uns ein Verantwortlicher für das Hygienekonzept zur Verfügung oder benennen wir diesen nachträglich?

Die Umsetzung eines Hygieneplans und dessen Einhaltung ist generell Aufgabe der Qualitätssicherung/Qualitätskontrolle eines Unternehmens. Doch der Idealfall wäre, einen Hygienebeauftragten gezielt zu benennen, der sich der Aufstellung, Umsetzung und Einhaltung eines Hygienekonzeptes annimmt. Unternehmen sollten sich fragen, ob ein solcher Mitarbeiter bereits entsprechend zugeteilt ist und ob es an der Zeit wäre, diese Stelle nachträglich zu besetzen.

Sie haben Fragen oder benötigen Hilfe bei der Erstellung und Anwendung Ihres Hygienekonzepts? Chemgineering unterstützt Sie mit GMP Beratung, Audits, Schulungen und Trainings.

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